Meine liebe Brieffreundin, die Raumseele, hat unsere Brieffreundschaft, die wir schon lange aber nur sporadisch bei Facebook geführt haben, wieder aufleben lassen. Darüber freue ich mich sehr, denn wie mir scheint, haben wir noch viel, worüber wir uns austauschen können.
Liebes Fräulein Ordnung,
in München nieselregnet es. Ich habe mir ein warmes Sweatshirt angezogen, das sehr gemütlich und so groß wie eine Doppelgarage mit Kapuze ist und schaue auf unseren Kater. Träge beobachtet er -abwechselnd mal mit dem einen, dann mit dem anderen Auge- wie ich mich mit meiner Kaffeetasse an den Schreibtisch setze. Mein Sohn sagt übrigens, dass es schwierig wäre, in München noch Sweatshirts zu bekommen. Zumindest nicht in solchen Läden, wo die Verkäufer Vollbart tragen und ihre Frisuren zu kleinen Knödeln auftürmen. Sie staunen, Frl. Ordnung? Ich staunte auch und widersprach meinem Sohn energisch. Der lachte und sagte: „Klar, gibt es immer noch Sweatshirts, aber die heißen jetzt Hoodies. Deine alten Wörter sterben aus, Mama!“
Für einen Moment wußten meine Mundwinkel nicht in welche Richtung sie sich verziehen sollten und eine Reihe Worte fielen mir ein, die inzwischen museumsreif sind: Tagesdecke, Halbschuh, Resteessen, Herrenkommode und mein Lieblingswort: Übergangsmantel.
Je länger ich nun so ganz und gar analog an meinem Schreibtisch sitze und über austerbende Worte nachdenke, desto mehr muss ich grinsen. Ich mag mich gern wie ein Relikt aus einer Zeit fühlen, in der die Menschen noch keine
Mandelmilch mit Omega 3 in ihren Kaffee goßen, sondern ganz normale Kuhmilch. Bringen ihre Kinder auch schicke, neue Wortschöpfungen mit nach Hause? Ihre große Tochter ist doch ungefähr so alt wie mein Sohn, richtig? Und sie fotografiert gerne, stimmt’s Mein Sohn auch! Ist das nicht herrlich, dass unsere Kinder erwachsen werden und wir zusehen können wie sie mit einem guten Herzen in die große weite Welt hinaus gehen?
Ach, ich schweife ab. Ich wollte doch wissen, was in der großen, weiten Welt des Frl. Ordnung alles los ist. Ich bin jedenfalls immer wieder baff (schon wieder so eine Wortantiqutät!) wo sie überall herum jetten. Seit ich mich auch mit der Bloggerei beschäftige, weiß ich erst richtig einzuordnen mit welchem Top-Exemplar unter den Bloggern ich es hier zu tun habe. Wie teilen Sie sich Ihre Tage ein unter der Last Ihrer Termine? Haben Sie für ihren Tagesablauf eine Ordnungstabelle? Wenn ja, machen Sie das noch analog auf Zetteln? Oder alles in Tabellen im PC? Sie ahnen es
schon? Richtig! Ich benutze Hefte in denen ich mit vielen bunten Stiften meine PlÄne und Notizen mache. Mein PC ist ein hochgeschätzter Helfer in vielen Lebenslagen, aber mein dicker Kalender ist mehr. Er fühlt sich für mich an wie ein Freund.
Haben Sie noch einen Moment Zeit? Ich wollte doch unbedingt nach ihrer Küchenschublade fragen. Bei uns gibt es eine, die ist oft so zugemüllt, dass sie sich kaum mehr bewegen läßt. Ich wünschte, es gäbe einen Stöpsel darin, damit die Sammelsurien wie aus einer übervollen Badewanne nach unten abließen würden. Sie wissen schon, all die Gummiringe, Weinkorken, die Beutelchen mit dem Frischhaltepulver für Schnittblumen, die an manchen Sträußen baumeln. Alte Kugelschreiber, Lakritzschnecken, Gratisproben aus der „Brigitte“… haben Sie auch so eine Schublade? Entmüllen Sie diszipliniert und regelmäßig? Oder rigoros zweimal im Jahr ohne Ansehen des Inhalts, einfach zack! Und weg?
Jetzt habe ich ihre Zeit aber lange in Anspruch genommen und dabei wollte ich Sie noch nach ihrem Garten
fragen und ihnen den Mund wässrig machen mit dem Rezept für meine göttlichen Eiweißriegel. Ich habe zur Zeit in jeder Handtasche ein paar davon, weil sie so figurfreundlich low-carb und so lecker sind.
Wissen sie was? Wir schreiben uns jetzt einfach wieder öfter! Dann sammeln sich nicht so viele Fragen an. Klingt das wie ein Plan? Und das Riegelrezept kann ich ja in den nächsten Tagen in meinem nigelnagelneuen (auch so ein museumsreifes Wort!) Blog von der Kette lassen. Oder ich schicke ihnen -extrem altmodisch- ein paar
Riegelchen mit der Post.
Äußerst herzlich!
Ihre Raumseele.
Liebe Raumseele! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Geben Sie mir ein paar Tage? Dann können Sie schon bald mit einer Antwort rechnen!
Viele Grüße
♥
Denise
Die Idee finde ich ja herzallerliebst.
Als Kind hatte ich auch eine Brieffreundschaft (mit einem Jungen uiuiui!) – und es war so wundervoll. Man kannte sich nur von Fotos und wusste doch so viel voneinander. Es war ein bisschen wie bloggen – nur für Jugendliche ohne Internet. Irgendwie 🙂
Wunderbar �� Ich freue mich aus tiefster Seele und komme mir ein wenig i vor, als sähe ich einen s/w Film. Traumhaft. Meine Kinder können auch so reden, allerdings suchen sie manchmal recht lange nach dem richtigen Wort. Aber das schadet ja nicht in dieser schnelllebigen Zeit, gegen die ich i Übrigen gar nichts habe ��
Liebe Raumseele, da bin jetzt allerdings ich ganz schön baff, bei all den aussterbenden Worten, die Sie da aufzählen. Vor wenigen Stunden habe ich damit begonnen, ein Cape zu stricken und da das Garn aus Baumwolle und Yakhaar ist, dachte ich mir, es sei ein wunderschönes "Übergangs"cape. Wie nenne ich es denn nun, wo doch der "Übergangsmantel" Ihrer Meinung nach den Worttod gestorben ist.
Es grüßt Sie beide herzlich,
Ilka von JAKOBSKLEIDER
Hallo, ich weiß noch ein Wort : "Disco", sagt kein Mensch mehr. Heute geht man/frau in einen Club :))
Genau diese Schublade gibt es bei uns auch, wenn die Kinder etwas suchen gehen sie immer erst einmal an 'meine' Schublade. Man findet recht viel, nach langem kruschteln!
Ach, so ein Briefwechsel ist was Feines. Vielen Dank! Ich weiß auch so ein aussterbendes Wort: "gelinde". Das gibt es höchstens noch im Zusammenhang von "gelinde gesagt"? Klingt das nicht schön? Herzliche Grüße, Uta
Meine Brieffreundin und ich hatten letztes Jahr "Silberhochzeit". Wir schreiben uns seit 25 Jahren!!! Haben uns im Urlaub kennengelernt da waren wir blutjunge 10 bzw. 8 Jahre und seitdem schreiben wir uns.
Wie schön 🙂
25 Jahre Brieffreundschaft – das ist wundervoll 🙂
Kathy
Wenn ich das Foto von dem Schreibtisch sehe, möchte ich sofort aufstehen und alles renovieren und verändern. Toll!
Liebes Fräulein Ordnung,
Sie und Frau Raumseele sind inzwischen zu meinem Stammblogs geworden. Ganz zu schweigen davon, dass die Bücher von Frau Raumseele meine Bücherregale besetzen (und Ihres sich auch darunter befindet 🙂 )! Ihre Schriftwechsel zu veröffentlichen, damit wir Blogfreunde auch etwas davon haben, ist eine super Idee. Und ja…. ich will das Rezept für die Eiweißriegel bei Ihnen "mopsen". Ich bin ganz gespannt, welche Antworten Sie für das Schubfach haben und überhaupt… wie geht es weiter?
Viele Grüße
Claudia
Ach wie schön. Ach wie toll. Das passt einfach!!!
Greetings & Love
Ines
So viele, liebe Kommentare hier. Da freut sich des Briefeschreibers Herz. Ich bin auch schon auf die Antwort des hochgeschätzten Fräuleins gespannt und wenn ich mich spute, dann schaff ich es bis zum Wochenende, das Rezept für die Eiweißriegel zusammen zu schreiben. Bis bald, ihr netten Ordnungsliebenden!
Was für ne' coole Idee! Hab ich noch nirgendwo gesehen,sehr interessant. Und die Eiweißriegel interessieren mich auch seehr:)
Liebe Grüße,
Sophie
http://www.weekdayswithsophie.wordpress.com
Unsere Küchenschublade sieht genau sooo!! aus. Hinzu kommen noch Autoschlüssel, Stabfeuerzeuge und Kaugummis, gelegentlich Hustenbonbons, die aus der Tüte fallen. und das Rezept für die Eiweiß Riegel hätte ich gerne. liebe Grüße Birgit
Ich möchte gerne das Wort "Backstube" beitragen. Ich tausche es gegen den Halbschuh, vielen Dank!
Sabrina
Liebe Denise,
seit Dienstag lese ich jeden Tag 1 – 3 x diesen Blogpost von Dir. Er hat mich inspiriert und beflügelt. Jedem Patienten, der in den letzten Tagen mir gegenüber am Schreibtisch saß und einen "echten, physischen Kalender" ausgepackt hat, habe ich von diesem Deinem Post erzählt und von Frau Raumseele und wir haben über Old-School-Wörter diskutiert und bei jedem Patienten kamen neue Wörter hervor. Oft brauche ich Wörter so selbstverständlich, dass ich nicht auf die Idee komme, dass sie womöglich gar nicht mehr "alltagstauglich" sind. Eines meiner Lieblingswörter ist "augenscheinlich". Das kennt mein 21jähriger Neffe gar nicht. Nie gehört. Allerdings gebe ich zu, dass ich viele der "neuen Wörter" gar nicht verstehe, erst recht nicht, wenn es darum geht, einen Satz zu bilden, wo von Subjekt / Prädikat / Objekt wenigstens mal 2/3 fehlen.
Am Wochenende bekommen wir Besuch von unseren Tanten, Müttern und anderen der Generation "zwischen 70 und 80". Ich freue mich schon jetzt darauf, mit ihnen gemeinsam nach alten Wörtern zu graben.
Liebe Grüße
Nadja