Der portugiesische Jakobsweg
Wie schön, dass der erste Beitrag aus der vergangenen Woche auf so großes Interesse gestoßen ist und erstaunlich, wie viele ebenfalls mit dem Gedanken spielen, den Jakobsweg zu laufen. Heute beantworte ich noch die restlichen Fragen und hoffe sehr, damit alle bedacht zu haben.
Was hast Du für Vorbereitungen treffen müssen?
Müssen muss man zum Glück gar nichts, wenn man den Camino Portugues laufen möchte.
Sie Strecke gilt als entspannt und leicht zu schaffen, was auch der Grund ist, weshalb so viele Frauen ihn laufen.
Wir wollten im Vorfeld eigentlich viel mehr „trainieren“, also auch mal mit Rucksack Zuhause eine längere Strecke zurück legen. Doch dann hatten wir beide beruflich so viel um die Ohren, dass wir es nur zwei Mal geschafft haben, gemeinsam zu laufen.
Die Schuhe sollten allerdings ein paar Mal getragen werden, bevor man sich auf so eine Reise begibt!
Alles andere wird trainiert, während man läuft, denke ich.
Was ist Dein Fazit, nachdem Du den Weg gegangen bist? Hast Du eine Erkenntnis? Was hat es Dir gebracht, in Bezug auf innere Erkenntnisse?
Erstaunlich, wie viele solcher Fragen gestellt wurden. Vermutlich ist meine Antwort jetzt sehr langweilig.
Ich war weder auf der Suche nach Antworten noch auf der Such nach Gott. Es gab einen Grund, weshalb ich im Februar die Reise geplant habe, doch der ist sehr persönlicher Natur.
Es gab ausreichend Zeit, um über alles mögliche nachzudenken und mir ist auch die ein oder andere kreative Idee gekommen, doch im Grunde genommen war einzig und alleine das tägliche Laufen das, was ich wollte und was meinen Kopf frei gemacht hat.
Eine Erleuchtung gab es nicht.
Obwohl ich auf diesem Bild vielleicht den Eindruck erwecken könnte …
Vor der Reise hat jemand zu mir gesagt, ich müsse ja in einer ziemlichen Sinnkrise stecken, wenn ich den Jakobsweg laufe. Sorry – aber das ist einfach zu kurz gedacht. Mann muss nicht zwangsläufig in einer dicken Krise stecken oder nach einer langen Krankheit geheilt sein, um diesen Weg zu laufen. Es gibt noch so viele andere Gründe. Amen.
Gesundheit entsteht nicht immer durch Medizin. Sehr oft entsteht sie durch inneren Frieden, Ruhe im Herzen und Ruhe in der Seele. Sie entsteht durch das Lachen und durch die Liebe.
Würdest Du es wieder machen?
Ja, ich würde es wieder machen. Aber vielleicht würde ich einfach nur die portugiesische Strecke laufen und mich erneut an der schönen Landschaft erfreuen. Dann würde ich auch mehr Pausen einplanen, vorab schon die schönsten Unterkünfte buchen und dann auch ins Meer springen. Dazu waren wir viel zu erschöpft.
Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ich es noch einmal machen werde. Es vergingt kein Tag, an dem ich nicht absolut berauscht war, von der Schönheit der Natur war. Ich konnte mich nicht satt sehen am Meer und dem blauen Himmel und auch wenn es teilweise ganz schön anstrengend war, war es doch auch ein besonders wertvoller Urlaub.
Wie hast Du es mit den Finanzen gemacht? Hattest Du alles in Bargeld dabei?
Mit 200 € Bargeld bin ich losgezogen und das hat bis nach Santiago de Compostela gereicht. Fast überall haben wir mit Karte gezahlt.
Wie viel Geld hast Du auf dem Weg für Übernachtungen und Verpflegung gebraucht?
Für Übernachtungen haben wir zu zweit 720 € bezahlt. Das ist einer der Vorzüge, wenn man zu zweit den Jakobsweg läuft: Du kannst easy und günstig ein Doppelzimmer buchen (ich habe fast alles über Booking.com gebucht).
Günstiger hätten wir es haben können, wenn wir ausschließlich in Herbergen übernachtet hätten, das liegt dann bei durchschnittlich 15 € pro Person und Nacht). Aber das war es uns nicht wert. Den Luxus einer eigenen Toilette + Badezimmer haben wir uns zu gerne gegönnt.
Fürs Essen habe ich rund 260 € ausgegeben – da ist das Wochenende in Porto sogar mit drin.
100 € gingen noch für Bus, Bahn, Apotheke & Co. drauf.
Ihr seid hauptsächlich zu zweit den Camino gelaufen. Hättest Du das auch alleine gemacht?
Ursprünglich habe ich die Reise alleine geplant. Die Reise sollte nur für mich sein. Ich wollte sowohl meine Ruhe haben als auch meine Komfortzone verlassen. Erst als ich meinen Mädels von meinen Plänen erzählt habe (Schuhe & Rucksack hatte ich bereits bestellt), schloss sich Nicola spontan an. Sie hat schon lange mit dem Jakobsweg geliebäugelt, hätte aber im Gegensatz zur mir, so eine Reise niemals alleine geplant.
Keine Minute habe ich es bereut, dass ich mit Nicola zusammen geflogen bin. Ganz im Gegenteil: Wir haben unsere Gesellschaft sehr genossen, konnten die Erlebnisse und schönen Momente miteinander teilen und Ruhe haben wir auch zu zweit gefunden.
Aber jetzt, wo ich weiß, wie der Jakobsweg wirklich ist, würde ich beim nächsten Mal vielleicht wirklich alleine laufen.
Ist es nicht gefährlich, auch alleine zu wandern?
Ich glaube, es ist gefährlicher, Nachts alleine durch Berlins dunkle Ecken zu laufen.
Den Jakobsweg hingegen erscheint mir als ein sehr sicherer Raum, in dem Du auf hilfsbereite und freundliche Menschen triffst. Pfefferspray kannst Du ebenso Zuhause lassen, wie den Zeckenschutz.
Im übrigens muss niemand den Jakobsweg alleine laufen. Wenn man seine Augen und das Herz offen hält, findet man überall wunderbaren Anschluss. Alleine bist Du nur, wenn Du es wirklich sein willst.
Wie viele Kilometer habt ihr insgesamt zurückgelegt?
Insgesamt waren es gut 250 km. Das weiß ich aber nur, weil Nicola ihre Apple Watch getragen hat. Mir war es letztendlich egal. Ich wollte mich von Zahlen, Daten, Fakten und einem unterschwelligen Leistungsdruck frei machen.
Im übrigens haben wir uns in Compostela noch nicht einmal die Urkunde abgeholt, die man nach Vorlage vom Pilgerpass ausgehändigt bekommt.
Vielleicht bin ich den Weg ohnehin nur wegen der schönen Stempel gelaufen . . . ? Wer weiss das schon so genau . . .
Solltest auch Du gerade mit dem Gedanken spielen, den Jakobsweg zu laufen, dann kann ich Dich nur ermutigen!
MACH ES!
Buche jetzt den Flug und zieh los.
Warte nicht darauf, bis die Umstände besser passen oder Du die perfekten Schuhe gefunden lasst.
Und lass Dich nicht von Deinem Plan abbringen!
Alles Liebe,
Denise
Liebe Denise,
ich hatte mich bisher nicht mit dem Jakobsweg befasst, aber seit ich Deine lebendige Reise-Reportage verfolge,
entsteht in mir immer mehr der Wunsch, es irgendwann zu tun. Deine so schönen Bilder und der ehrlichen Umgang
mit Informationen begeistert mich und ich spüre, dass der Jakobsweg ganz bestimmt „etwas mit einem macht“.
Schade, dass der Alltag bei Dir schon wieder eingezogen ist, aber ich bin sicher, dass Du Deine positive Grundhaltung
beibehalten wirst.
Ganze liebe Grüße, Martina
Was für ein wundervoller Beitrag! Ich habe Gänsehaut! Danke für deine Worte. Das ist sehr authentisch und macht unglaublich Mut!
Herzliche Grüße, Christa
Liebe Denise,
vielen Dank für deine aufmunternden Worte an mich beim ersten Post vom Jakobsweg, und vielen Dank für deine Fotos und die vielen guten Einzelheiten. Wir werden in knapp 4 Wochen aufbrechen.Und leider auch ohne größere Vorbereitung, da die Arbeit einen nicht los läßt. Wenn ich erzähle was wir machen weden, dann gibt es auch die unterschiedlichsten Kommentare, aber eigentlich möchte ich auch einfach nur loslaufen. Ich freue mich jetzt doch schon ein bisschen u. bin auch hoffnungsvoll es zu schaffen.
Wenn wir wieder zurück sind, werde ich Dir schreiben, wie es war. Liebe Grüße aus Belin Marina
Wie schön, liebe Marina!
Ich wünsche dir eine fabelhafte Zeit & ich freue mich auf Deine Rücksicht nach deiner Rückkehr.
Alles Liebe
Liebe Denise,
ich habe Deinen Weg sehr interessiert verfolgt. Mich interessierte dabei weniger der Jakobsweg und ich bin auch nicht auf der Suche nach Gott. Was mich aber interessiert, ist mal eine längere Strecke über mehrere Tage zu wandern mit den Pausen, die ich brauche und den Abstechern, zu denen ich Lust habe. Und da hast Du mir mit der Strecke in Portugal richtig Lust gemacht. Danke dafür, liebe Grüße Lili
Liebe Denise, ich habe mal eine Frau in einer Pension getroffen die war nur mit dem Rucksack in Deutschland unterwegs.Damals redete noch niemand vom Jakobsweg. Eine Freundin die den Jakobsweg gelaufen ist sagte mir jetzt das es so etwas ähnliches hier auch in Deutschland gibt. Das finde ich toll. Der spanische Weg würde mich aber mehr reizen. Liebe Grüße von Elke
Ich bin den Jakobsweg vor drei Jahren gelaufen. Ohne Sinnkrise oder ähnliches. Wollte es immer schon machen und die Infrastruktur ist einfach perfekt, sodass man unbekümmert ohne große Organisation losziehen kann. An meinem Pilgerausweis hängen auch wahnsinnig viele Erinnerungen, die compostela hab ich mir hingegen nie wieder angeguckt. Nächste Woche Freitag geht es auf den primitivo und ich freu mich riesig, einen weiteren Pilgerausweis zu füllen. An alle die überlegen: macht es, ihr werdet es nicht bereuen 🙂