Inspiration Ordnung

Ist Loslassen eine Gabe?

27/02/2020

Kürzlich schrieb mir jemand bei Instagram:

„Ich bewundere Dich für Deine Gabe des Loslassen!“

Über diesen Gedanken habe ich mich sehr gefreut.

Als ich Sonntagabend  . . . es war schon dunkel draußen, es hat wie verrückt geregnet, meine Kinder waren gerade zurück von ihrem Wochenende bei Papa und ich war bereits geduscht und hatte bequeme Sachen an . . . mit einer Tasse Tee und einem Stapel Zeitschriften auf dem Sofa saß, musste ich wieder an diesen Satz denken.

Ist Loslassen eine Gabe?

Ist Loslassen eine Gabe?

Was steckt wirklich dahinter?

Für mich ist Loslassen eine wichtige Übung im Leben. Als meine Tochter nach England gegangen ist und kurze Zeit später klar war, dass sie erst mal nicht wieder kommen würde, war es mit dem Loslassen nicht so einfach. Ich stand am Anfang meiner größten Lektion in Sachen Loslassen. Jetzt, viele Monate später, bin ich total frei von dem Gefühl des Verlusts.

Das Leben hat mir gezeigt, dass es einfacher ist, wenn man gewisse Dinge akzeptiert. Wenn ich etwas nicht ändern kann, darf ich mir eingestehen, dass es mich traurig oder wütend macht, doch dann lasse ich es geschehen und gehe weiter.

Ich akzeptiere vieles im Leben, wo andere noch hadern.

Lieber blicke ich nach vorne, als ständig zurück.

Ich habe großes Vertrauen, dass nichts ohne Grund geschieht. Und noch mehr vertraue ich darauf, dass sich immer alles zum Guten wendet.

 

„Akzeptiere.

Dadurch resigniert Du nicht, aber nichts raubt Dir so viel Energie wie der Widerstand und der Kampf gegen eine Situation, die Du nicht ändern kannst.“

Dalai Lama

 

Somit habe ich mein erstes Kind losgelassen, als es gerade 16 Jahre alt wurde.

Meinen leiblichen Vater habe ich erst mit 21 Jahren kennengelernt und musste einige Jahre später einsehen, dass er auch zukünftig nicht Teil meines Lebens sein wird. Etwas loslassen, was man sich lange gewünscht hat zu finden, ist ein schwieriger Prozess.

Zwei Scheidungen liegen hinter mir. Zweimal musste ich lernen, den Traum von einer „perfekten Familie“ loszulassen.

Eine meiner Schwestern ist viel zu jung an Krebs verstorben. Nachdem wir gerade erst wieder Kontakt hatten. Nachdem wir viel zu viele Jahre nicht miteinander verbringen konnten.

Ja, ich hab die ein oder andere Übung in Sachen Loslassen überstanden und stehe trotzdem mit der größten Lebensfreude hier. Denn mir ist klar, dass das Leben einfach so ist! Wild, stürmisch und trotzdem wunderschön!

Loslassen

Besitz

Ob Loslassen nun eine Gabe ist, vermag ich nicht zu sagen.

Doch man kann es ganz gewiss lernen, in dem man immer wieder übt und wenn man sich über den Besitztumseffekt im klaren ist! Der Besitztumseffekt ist schuld daran, dass wir Dinge allein deshalb schätzen, weil sie uns gehören.

Mir ist bewusst, dass mein Lebensglück nicht von meinem materiellen Besitz abhängig ist. Natürlich bin ich dankbar, dass ich ein schönes Zuhause für mich und meine Kinder habe. Wir können auf unserem gemütlichen Sofa sitzen, in unseren warmen Betten liegen und ich kann uns jederzeit ein köstliches essen in unserer schönen Küche zubereiten.

Nichts von alledem ist jedoch für die Ewigkeit. Schon in wenigen Jahren wird auch mein Sohn und dann meine jüngste Tochter ausziehen. Auch sie werden ihren Weg gehen. Das Leben wird sich weiterhin und stetig verändern und das ist auch gut so. Leben bedeutet Veränderung.

Bewusst oder unbewusst betrachten viele Menschen ihren Besitz als einen Teil von sich selbst. Die Dinge, mit denen wir uns tagtäglich umgeben, machen einen wichtigen Teil unseres Identitätsgefühls und unseres Selbstbewusstseins aus. Jedes Buch in meinem Regal hat seine eigene Geschichte, jedes Kleid in meinem Schrank ist ein Ausdruck meines Stils. Doch meinen Laptop und mein Handy sehe ich nicht als Statussymbol, sondern als Arbeitswerkzeug. Der große Tisch in meinem Wohnzimmer dient nicht als reines Fotomotiv für Instagram, sondern soll in den nächsten Monaten Menschen zusammen bringen.

Ich liebe alles, was mich gerade umgibt. In jedem Raum lassen sich schöne Sachen finden, die mein Herz erfreuen. Doch nichts von alledem ist wirklich wichtig. Wenn ich 3 Wochen in den Urlaub fahre, fehlt mir kaum etwas davon. Wenn ich mich irgendwann räumlich verkleinern muss, werde ich mich ohne Schwierigkeiten von dem rosafarbenen Sofa trennen, von der Hälfte meiner Bücher und von so viel mehr.

Ist Loslassen eine Gabe? Kommt immer auf die Betrachtungsweise an.

Aber es ist eindeutig der Schlüssel zu einem entspannteren Leben.

Ist Loslassen eine Gabe?

Good bye Zeitschriften

Was ich Sonntagabend eigentlich machen wollte, bevor ich dann spontan diesen Text verfasst habe: einen Stapel Zeitschriften aussortieren, der in meinem Regal Platz eingenommen hat, den ich gerade dringend brauche.

Der Stapel lag immer dekorativ im Regal, doch angefasst habe ich die Zeitschriften seit bestimmt zwei Jahren nicht mehr. Mit Schrecken musste ich feststellen, dass die älteste Ausgabe von 2011 war! Eindeutig Zeit, endlich loszulassen! Ich habe jede Ausgabe durchgeblättert, ein paar wenige Seiten herausgerissen und alle Exemplar (bis auf zwei) in den Papiermüll geworfen. Was für ein befreiendes Gefühl!

Heute ist Loslassen keine Herausforderung mehr für mich. Geschirr, Klamotten, was auch immer. Meine Familie, meine Freunde können alles von mir bekommen. Hauptsache die Menschen, die ich liebe, begleiten mich noch eine ganze Weile.

 

Ordentliche Grüße

Denise

 

 

  • Kathrin 27/02/2020 at 7:27

    Wunderbarer Post und schöne Gedanken dazu, die ich seit einiger Zeit auch so lebe und mich unglaublich leicht gemacht haben. Das Leben und die Sachen bewusst erleben und leben. Ich kann zu dem Thema das Buch ‚loslassen‘ von Ursuka Karven empfehlen. Ich blätter immer wieder darin morgens und starte bewusst/‚frei‘ in den Tag. Heute hast du mir ein Lächeln ins Gesicht mit deinen Worten bereitet.

  • Imke 27/02/2020 at 7:52

    Liebe Denise,
    WOW!
    Das ist , meiner Meinung nach, der beste Beitrag, den du jemals geschrieben hast!
    So vieles hat mich zum Nachdenken angeregt und es steckt so viel Wahrheit darin.
    Du bist schon, obwohl 10 Jahre jünger, so viel weiter als ich.
    Im Grunde weiß ich, dass du in allem recht hast, aber ich hänge sehr an vielen Dingen hier im Haus, die mich glücklich machen und von denen ich mich (noch) nicht trennen würde/ kann.
    Trotzdem versuche ich jeden Tag aufs Neue, alles zu hinterfragen und das gehen zu lassen, was mich nicht glücklich macht oder was überflüssig ist.

    Wahrscheinlich liegt es auch an dem, was du in deinem Leben alles mitgemacht hast, dass du so mit dem Thema umgehst wie du es tust.
    Danke für diesen inspirierenden Beitrag !
    Ich hoffe, dass du weißt was für ein wertvoller Mensch du für mich bist.
    Dich werde ich auf jeden Fall nicht gehen lassen!

    Alles Liebe von Imke

  • Michaela 27/02/2020 at 8:38

    Liebe Denise,
    bis ich Deinen Blog entdeckt habe, war das Thema „Loslassen“ kein Thema für mich. Das sieht inzwischen ganz anders aus… Vielen Dank dafür!
    Kürzlich habe ich einen Blick in eine Truhe geworfen, die im Wohnzimmer stand, und festgestellt, dass sie VOLL Zeitschriften war, die bestimmt seit 2 Jahren niemand mehr in der Hand hatte… Wer schaut schon in eine Truhe, wenn oben immer was draufsteht… Ich habe den Inhalt komplett zum Recyclinghof gefahren, die Truhe über ebay-Kleinanzeigen verkauft und an ihre Stelle ein Kästchen mit Schubladen gestellt, das vorher an anderer Stelle stand. Alles sehr befreiend!
    Ich wünsche Dir einen ganz zauberhaften Donnerstag und freue mich auf Deine kommenden Beiträge!
    Liebe Grüße, Michaela

  • nochEinGlasWein 27/02/2020 at 8:47

    „WOW! Das ist , meiner Meinung nach, der beste Beitrag, den du jemals geschrieben hast!“

    Dem kann ich mich nur anschliessen. Du bist auch sehr persönlich geworden, was sicher nicht leicht ist, weil Du uns alle ja gar nicht kennst.

    „Hauptsache die Menschen, die ich liebe, begleiten mich noch eine ganze Weile.“ – So soll es sein!

  • Petra von FrauGenial 27/02/2020 at 12:54

    Ich bin tief getroffen! Danke, dass Du uns an deinen Gedanken teilhaben lässt, auch die unschönen. Ich kann es vermutlich ansatzweise nicht mal nachempfinden, wie es ist, wenn die Tochter gar nicht mal in Deutschland lebt, allein schon wenn ich meine Tochter am Bahnhof verabschiede, die lebt gut 3 1/2 Stunden von uns entfernst, fühlt es sich immer schmerzlich an! Umso schöner, dass man sich freut, wenn man weiß, dass sie den richtigen Weg geht… „Der große Tisch in meinem Wohnzimmer dient nicht als reines Fotomotiv für Instagram, sondern soll in den nächsten Monaten Menschen zusammen bringen“. Inspiriert mich soweit, dass ich kurzerhand beschlossen habe mich von unserem 15 Jahre alten Tisch zu verabschieden, und es Platz braucht für Etwas Schöneres, danke!

  • Eva 27/02/2020 at 15:43

    Beeindruckend, Denise! Ich hoffe, ich bin eines Tages auch mal soweit.

  • Veronika 27/02/2020 at 17:18

    Wunderschön und Dankeschön ❤️🌸

  • Silke Joormann 27/02/2020 at 18:55

    Wau…hatte Tränen in den Augen.Ich hoffe du sortiert öfter Zeitschriften aus, wenn dabei so ein toller Beitrag entsteht.
    Bei mir sind gerade so viel Veränderungen , ich hoffe ich kann auch bald einfacher loslassen .
    Deine Einstellung ist bewundernswert, hoffe ich komme auch dahin.
    Danke für diese tollen Worte

  • Sibille 27/02/2020 at 19:19

    Danke für diesen Artikel. Neben dem Sinn für Ordnung steckt auch immer ein Teil von einem selbst. Loslassen, zulassen und weglassen.

    VG
    Sibille

  • Stefanie Spiering 01/03/2020 at 8:18

    Liebe Denise, vielen Dank für diesen inspirierenden Blog-Beitrag. Gerade heute sollte ich ihn wohl lesen ❤ wünsche Dir einen schönen Sonntag!
    Viele Grüße
    Stefanie

  • Birgit 01/03/2020 at 17:35

    Liebe Denise , Danke für diesen Beitrag. Ich übe mich gerade im Loslassen . Danke Dein Beitrad war eine Inspiration und hat mir sehr geholfen.

  • Eileen 03/03/2020 at 9:33

    Danke Denise, danke für diesen Beitrag den ich just in diesem Moment einfach gebraucht habe. Loslassen ist ein Thema das mich seit gut 2 Jahren beschäftigt, zusammen mit der Achtsamkeit. Im privaten Umfeld schaffe ich es immer wieder aber im Arbeitsumfeld fällt es mir immer noch schwer. Die Menschen sind verschieden aber dennoch zerren sie oft an den Nerven. Schade eigentlich, verbringen wir doch den Großteil unsers Lebens bei der Arbeit. Menschen kann man nicht ändern, nur sich selbst. Danke für den Reminder, ich muss mich wieder mehr dem Thema widmen.

    Liebe Grüße Eileen von http://www.eileens-good-vibes.de

  • Verena 06/03/2020 at 8:00

    Ich kann meinen Vorrednerinnen nur zustimmen: ein seeehr berührender Artikel. Beim Lesen hatte ich spontan das Lied ‚Days in the sun‘ von Ziggy Alberts im Kopf. Hab den Post dann mit dem Lied im Hintergrund nochmals gelesen und dachte ‚wow, solche Denkweisen machen glücklich & frei im Kopf‘. Danke!